Wandern, Vespern, Fliegen
(k)ein ganz normaler Herbsttag im Hochschwarzwald
Es ist Mitte November, das Wetter ist traumhaft und die höchsten Schwarzwaldgipfel wurden bereits in ein leichtes, weißes Winterkleid getaucht. Da sich die Schneemenge im unteren Zentimeterbereich bewegt, ist eine Wanderung in der Höhe noch kein Problem und wir entscheiden uns für einen der schönsten Wanderwege, die ich im Hochschwarzwald kenne.
Der obere Silberbergweg vom Feldbergpass zum Bernauer Kreuz, verlangt dem Wanderer zwar eine gewisse Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ab, führt aber sehenswert über verwachsene Freiflächen, dunkle Waldabschnitte und felsige Pfade zu einem meiner Lieblingsplätze. Unterhalb des Silberberggipfels eröffnet sich auf einer Freifläche ein grandioser Blick hinab ins Tal nach Todtnau und darüber hinweg auf den Belchen. Der Einstieg in den Weg ist nicht ganz so einfach zu finden, mittlerweile wurde der Weg aber wieder sehr gut durch den Schwarzwaldverein beschildert und auch auf dem gängigen Kartenmaterial vom Hochschwarzwald ist der Weg eingezeichnet. Wenn man am Wanderparkplatz Hebelhof startet und auf dem Forstweg nicht auf den Wasserfallsteig abbiegt, sondern sich etwa 500 Meter weiter auf dem Weg hält, wird man auf einem etwas größeren Holzlagerplatz auf der linken Seite die blaue Raute entdecken, welcher im Anschluss nur noch gefolgt werden muss.
Nach einer guten Stunde über Wiesenfelder, Stock und Stein, erreicht man die Freifläche des Silberbergs und ein wunderschöner Aussichtspunkt. Das „Ernst-Eckert-Bänkle“ lädt zum Verweilen an diesem tollen Ort ein und wir nehmen die Einladung dankend an. Obwohl das Gebiet um den Silberberg ein äußerst sensibles Auerwild-Schutzgebiet ist, gibt es auf der Freifläche auch einen offiziellen Startplatz für Gleitschirmflieger. Aus diesem Grund haben Niklas und Simon, welche mich an diesem schönen Herbsttag auf der Tour begleiten, ihren großen Gleitschirm mitgeschleppt. Ich beneide sie nicht um ihr Zusatzgepäck. Vielmehr bin ich zum aktuellen Zeitpunkt über meinen kleinen Rucksack für die Kamera ganz glücklich.

Raclette!
Da der Winter kurz bevorsteht und es in den Höhen doch schon recht kühl ist, gehört ein Kaffeekocher und das Kerzen-Raclette-Pfännchen zum absoluten Inventar einer solchen Wanderung. Das meterlange Ernst-Eckert-Bänkle bietet uns zudem eine optimale Vespermöglichkeit – besser geht’s kaum. Wenig später schlägt uns der Duft von Raclette-Käse und frisch gebrühtem Kaffee um die Nase. Auch wenn diese Kombination im ersten Moment etwas unkonventionell daherkommt, hat sie ihren ganz eigenen Reiz und war für uns in dieser Situation eine unwiderstehliche Köstlichkeit.
Kurz bevor die Sonne dann untergeht und ein kurzer Blick auf den zerrissenen Windsack geworfen wurde, legen Niklas und Simon ihre Gleitschirme aus, schnallen sich die Gurte an und setzen sich den Helm auf den Kopf. Es muss eine komische Vorstellung sein, wenn man seinen Blick von hier oben ins Tal wirft und genau weiß, dass man sich in wenigen Minuten da unten auf dem Boden der Tatsachen wieder finden wird.
Vielleicht doch mit Flügel?
Ich nutze die besondere Stimmung, um ein paar Schnappschüsse von den beiden zu machen und bin ein weiteres Mal froh, dass ich meine Kamera mit dabeihatte. Obwohl ich plötzlich ganz allein auf dem Silberberg stand, die beiden in die Ferne davon schwebten und mir bewusst wurde, dass jetzt noch der lange Abstieg nach Todtnau auf mich wartet. Es gibt schlimmeres, so ein Gleitschirm oder ein paar Flügel wären in diesem Fall aber doch nicht so schlecht gewesen…

Gastautor: Michael Corona