Mädelsnight
Für grosse Abenteuer fehlt manchmal die Zeit. Es muss nicht nur Zeit fürs Planen der Tour eingeräumt werden. Auch mit dem Job und ggf. der Familie muss alles abgestimmt sein. Widmet man sich Alistair Humphreys Lektüre „Microadventure“, der sich darin der Thematik annimmt, die Zeit nach einem 9-17 Uhr Bürotag für das kleine Abenteuer vor der Haustüre von 17-9 Uhr zu nutzen, kann man sich gewissermaßen banal die Frage stellen: „Wieso kam ich nicht früher schon auf diese Idee?“

„Micro-
adventure“
Ein Sonne versprechendes Wochenende im Spätfrühling zieht Beate und mich an einem späten Nachmittag zu einem solchen kleinen Abenteuer vor der Haustüre raus. Wir steuern das Auto in Richtung des Plattensees, unweit von St. Peter. Unser anvisiertes Ziel ist der Rastplatz beim ehemaligen Brunehof. Mehrere Wege führen zu der Hütte, die tagsüber von zahlreichen Wanderern auf dem Weg zu den Zweribachwasserfällen passiert wird. Wir entscheiden uns für einen Start beim Parkplatz „Potsdamer Platz“.
Zunächst schreiten wir auf einem breiten Forstweg parallel zum Straßenverlauf. Nach einigen hundert Metern geht es auf schmalem, serpentinenförmig sich windenden Weg bergab, immer tiefer in den Bannwald hinein. Der stellenweise recht steile Weg erfordert hohe Trittsicherheit. Je nach Witterung kann er schnell zur Schlitterpartie werden, denn er ist recht steinig und von Laub übersät.
„Pause„
An schmalen Wegstellen sind Seilsicherungen angebracht, die zusätzlichen Halt bieten. Das Tosen des gewaltigen Wasserfalls nimmt man schon von Ferne wahr. In zwei Stufen stürzt der Wasserfall in die Tiefe, ein imposantes Schauspiel der Natur, das tagsüber viele Wanderer und Naturliebhaber anzieht. Wir steigen die Treppen entlang des Wasserfalls nach unten, der uns direkt nach etwa 200 m zu unserem heutigen Tagesziel führt: der Rastpatz beim ehemaligen Brunehof.
Der weitläufige Platz bietet eine Schutzhütte, eine grosse Feuerstelle und zahlreiche Sitzbänke. Die Kapelle ist ein Überbleibsel des abgebrannten Hofs. Zwischen Kapelle und Schutzhütte windet sich ein kleiner Bach mit frischem Wasser entlang. Wir können sogar eine Wasserquelle ganz in der Nähe der Schutzhütte ausmachen, wahrscheinlich auch ein Relikt des früheren Hofs, der uns mit frischem Wasser versorgt.
Gegen abend wird es ruhig, nur das Tosen des Wasserfalls nimmt man in der Geräuschkulisse deutlich wahr. Wir entzünden das Lagerfeuer und machen es uns mit einer Tasse Tee auf der Panoramaliege gemütlich. Tief atmen wir durch, während langsam die Sonne hinter uns untergeht. So gut fühlt sich Entschleunigung an…. Wir grillen und plaudern bis spät in die Nacht hinein, während sich das Firmament über uns von seiner schönsten Seite zeigt. Früh morgens werden wir in unseren Schlafsäcken von den ersten Sonnenstrahlen geweckt. Schnell nochmals das Feuer entfacht, weckt der frische Morgenkaffeeauch die letzten trägen Glieder.
„Anfeuern„
Schnell gepackt, verlassen wir den Platz in Richtung Wasserfälle. Wir laufen diesmal den Weg an den Wasserfällen entlang rechterhand in Richtung Plattensee und überqueren den Fall über eine Stahlbrücke. Dieser Wegabschnitt wird von den meisten Besuchern der Wasserfälle begangen und ist daher mehr ausgetreten als der Weg, den wir am Vortag gegangen sind. Er schlängelt sich konsequent steil bergauf. Alle paar Meter ist ein Hinweisschild mit der Notrufnummer der Bergwacht an einem Baum angebracht. Sie mahnen zur Vorsicht, denn es ist oft feucht und rutschig auf dem seitlich steil abschüssigen schmalen Weg.


Der Weg führt allmählich aus dem Wald heraus und wir kommen kurz darauf zu einer Abzweigung links in Richtung Platte. Vor der Staumauer des Sees führt links ein kleines Sträßchen ab, der wieder in den Wald führt. Ein schmaler Stich rechts führt auf einen breiten Forstweg, den wir rechts einschlagen. Es ist derselbe Weg, den wir auf dem Vortag gelaufen sind. Nach einigen hundert Metern weist ein Schild auf den rechterhand liegenden Parkplatz, den Potsdamer Platz. Gegen 9 Uhr sind wir wieder zuhause, begeistert und erholt von unserem Kurztrip. Einmal mehr wird uns bewusst: Das kleine Abenteuer vor der Haustüre braucht keine große Planung. Geh einfach los – es lohnt sich!